Kindheit in Bacharach

In Stiefeln eingeschnürt

die Kindheit

 

vorzeigbar

 

die Schiefertafel

baumelt an dem Faden

 

am Ufer

       flache Schiefersteinchen

mehrmals übers glatte Wasser

hingeflitscht

 

auf dem gebombten Platz der Ros

Klicker gespielt

 

gekotzelt

 

gläsern funkelnde Kugeln

 

wie heißt der Bürgermeister

von Wesel ?

 

durch enge Gassen Frust gegrölt

Schellebübchen

Rabegretchen, Rabegretchen

 

Kindergärten durchzogen

konfessionelle Schulen

 

Wüsten gespielt

im sparsam heimischen Sand

unter der alten Weide damals

 

Piratenfässer aus Zement

 

die Krippen hinauf und hinab

 

mitten im Fluß

 

die Sandbank voll Muscheln

und rostiger Schätze

 

nah ziehen die Schiffe vorbei

der Strom reißt in die Ferne

 

unbekannt zieht sie an

in dieser Enge hier

 

Brombeern gepflückt in den Bergen

Ritter gespielt in Ruinen

 

an der dampfenden Äsch

hochgeschwirrt die Raben

 

Könige sind hier Kinder

 

weil alles sich schenkt

blühende Phantasie

papierfliegerdurchzogen

Wurfgeschosse aus

platzend weißen Schneeballbeeren

 

Holunderkerne blasend geschossen

 

Frau Holle gelauscht

Schneeflocken gezählt

 

oder den Seelen der grad Verstorbenen

nachgeguckt in den Wolken

 

Großfamilie, Onkel und Tanten, Neffen, Cousinen

 

Kastanien gesammelt

Papierkartons für Düppejost

 

den Fremden blutig gegen Geld

schaurig die Sagen erzählt

von dem ermordeten Werner

 

gewartet auf die wöchentlichen Comics

2 Kinos waren hier

 

 

Hölzer geschnitzt

Pfeil und Bogen

 

die Langeweile

durchlaufen

 

Steine und Scherben gesucht

 

im Pfadfinderturm

die Leitern hinauf

 

Kindheit

eine frühe Flaschenpost

 

wann kommt sie an in dir

 

ein Zettel in ihr

in einer fremden Schrift

 

die liest dir der Wind des Vergessens

 

und auf der Münzbach

segelt stolz ein Schiff

 

aus Streichholz, Kork und etwas Blech

 


 

 

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